Troll-Armee oder Putinbots sind (neben Trollfabrik und Web-Brigaden; russisch кремлеботы Kremleboty „Kreml-Bots“) die gebräuchlichen Bezeichnungen für eine verdeckte Organisation in Russland, die im Auftrag des Staates Manipulationen im Internet betreibt. Mithilfe von Sockenpuppen – fingierten Identitäten – wird die öffentliche Stimmung in Online-Foren und den Kommentarbereichen von Nachrichten-Seiten im Sinne der russischen Regierung beeinflusst.
Erstmals beschrieben wurde das Auftauchen staatlicher Trolle in Russland bereits im Jahr 2003. Die breite Öffentlichkeit wurde, wie auch im Falle der Propaganda der Russischen Föderation, im Rahmen des Ukraine-Krieges ab 2013 auf sie aufmerksam. Der offizielle Name für die Organisation lautete „Agentur für Internet-Forschung“ (dt. für Агентство интернет-исследований Agenstwo internet-issledowani), danach „Bundesnachrichtenagentur“ (dt. für Федеральное агентство новостей Federalnoje agenstwo nowostei, FAN). Im angelsächsischen Raum existiert die Bezeichnung Internet Research Agency, kurz IRA. Im Jahr 2015 wurde der Name Glavset bekannt.
Über das Vorgehen staatlich gesteuerter Trolle wurde schon 2003 in einem Artikel der Zeitschrift Westnik (Журнал Вестник) berichtet. Anna Poljanskaja, Andrej Kriwow und Iwan Lomko beschrieben, wie der Staat Einfluss auf das Internet nimmt und wie „Web-Brigaden“ die Sichtweise der russischen Regierung verbreiten. Die Brigaden würden durch ihr kollektives Auftreten, die Wiederholung bestimmter Phrasen und sprachliche Besonderheiten, Diskreditierung von Regierungsgegnern, Europäern und Amerikanern sowie durch ihre abrupte Aktivierung während Wahlen auffallen. Die Brigaden würden sich genau an den Standpunkt Wladimir Putins halten.
Wegen ihres Hauptsitzes in Olgino, einem Bezirk von Sankt Petersburg, sprach man im Englischen ab dem Jahr 2015 von den Trolls from Olgino. Es gilt als gesichert, dass die Organisation im Frühjahr 2015 nach Umzug in der uliza Sawuschkina 55 in Sankt Petersburg ansässig ist.
Dort arbeiten mehrere Hundert freie Mitarbeiter (Ab Februar 2018 sollten dort 800 Mitarbeiter arbeiten); jene mit entsprechenden Fremdsprachenkenntnissen erhielten mehr Lohn – dies sicher bis ins Jahr 2015 in Bargeld. Sie betreiben in den Kommentarbereichen und Diskussionsforen nationaler und internationaler Nachrichtenportale Astroturfing mit Propaganda der russischen Regierung unter Beachtung und Verwendung vorgegebener Schlagwörter. Zusätzlich werden eigene „Nachrichtenportale“ betrieben. Nach verschiedenen Quellen ist der Restaurantunternehmer und Putin-Vertraute Jewgeni Prigoschin mit dem internationalen Übernamen „Putin's Koch“ für die direkte Finanzierung zuständig
In einer vom russischen Hacker-Kollektiv Anonymous International veröffentlichten E-Mail wurden die Arbeitsvorgaben der Mitarbeiter erläutert. Hiernach muss jeder Autor pro Tag mindestens 50 Kommentare zu Newsartikeln verfassen und daneben sechs Facebook- sowie zehn Twitter-Profile verwalten und innert eines Monats 500 Follower generieren (respektive 2000 auf Twitter). Nur ein Bruchteil aller Kommentare hat politischen Charakter; der Rest dient der Gewinnung von Likes und der Verlinkung aufgrund von Schlagworten. Dazu wird zumindest innerrussisch im Team gearbeitet, wobei verschiedene Bearbeiter verschiedene Rollen einnehmen: These, Antithese und die Synthese in regierungsfreundlicher Gestalt.
Bots übernehmen in einem weiteren Schritt das massenhafte „liken“ der „richtigen“ Begriffe, damit sie in den Algorithmen der Suchmaschinen höher steigen sowie in den Social-Media-Plattformen höchste Aufmerksamkeit bekommen.
Die britische Daily Mail berichtete Anfang November 2017 exklusiv darüber, dass die Troll-Armee von St. Petersburg aus auf das Brexit-Referendum Einfluss genommen habe. Nach Auskunft eines anonymen Whistleblowers wurden in den Tagen vor dem Referendum die sozialen Netzwerke (vor allem Twitter und Facebook) gezielt mit kontroversen Artikeln geflutet, so zum Beispiel über den Account eines erfundenen Deutschen, der sich in 20 Tweets pro Stunde über die Briten lustig machte. In der weiteren Berichterstattung porträtierte die Zeitung den 23-jährigen Journalisten Vitali Bespalow, der nach eigener Aussage in der uliza Sawuschkina 55 als Troll gearbeitet hat. Insgesamt sind bei der Kampagne mindestens 400 Twitterkonten verwendet worden.] Der Daily Telegraph berichtete mit Verweis auf Twitter-Daten, dass rund 3.800 russische Konten am Tag des Referendums insgesamt 4.400 Mal das Stichwort Brexit twitterten, 1.100 Mal unter dem Hashtag #ReasonsToLeaveEU
Quelle (mit mehr Infos:
https://de.wikipedia.org/wiki/Troll-Armee
Der Text ist unter der Lizenz „Creative Commons Attribution/Share Alike“ verfügbar; Quelle: Wikipedia